HF-Entwicklungsleitfaden

Ausbreitung von Funkwellen

Wie breiten sich Funkwellen aus?

Im Artikel “Wie Antennen strahlen“ haben wir festgestellt, dass Funkwellen aus einer Energiequelle erzeugt werden, die aus oszillierenden magnetischen und elektrischen Feldern besteht. Diese Funkwellen strahlen mit Lichtgeschwindigkeit nach außen ab. Ihre Wellenbewegung ähnelt der konzentrischen Ausbreitung won Wellen in einem Wasserbecken, die beispielsweise von einem hineingeworfenen Stein verursacht wurden.

Viele Leute denken, dass Funkwellen eine definierte Entfernung zurücklegen, jenseits der sie nicht mehr empfangen werden können. Es stimmt zwar, dass die Radiowellen schwächer werden, je weiter sie sich ausbreiten, aber solange sie noch vom Rauschen unterschieden werden können, können sie immer noch empfangen werden. So sind beispielsweise die 1977 gestarteten Voyager-Raumsonden heute viele Milliarden Kilometer entfernt, aber dank des Deep Space Network ist die Kommunikation mit extrem großen Parabolantennen mit sehr hohem Gewinn möglich.

Vorherzusagen wie sich die Funkwellen ausbreiten, kann schwierig sein, da die Umgebung einen großen Einfluss hat. Um den Ingenieur bei der Entwicklung des Funksystems zu unterstützen, werden in diesem Artikel die verschiedenen Berechnungstools von Circuit Design für die Funkwellenausbreitung vorgestellt.

Faktoren, die die Funkwellenausbreitung einschränken

Strahlungsleistung

Eine Erhöhung der Strahlungsleistung verbessert die Chancen des Signalempfangs am Empfänger. Dennoch kann es zu anderen Problemen kommen, z. B. wenn Funksignale dort ankommen, wo sie nicht hingehören, und andere Nutzer stören. Funkvorschriften umfassen viele Parameter, einer davon ist die EIRP, die die Strahlungsleistung begrenzt. Weitere Informationen finden Sie im Artikel “Gewinn (EIRP und ERP)“.

Außerdem bedeutet eine höhere Sendeleistung generell eine höhere Stromaufnahme, was bei Batteriebetrieb problematisch sein kann.

Genutzte Frequenzen

Im Allgemeinen breiten sich Wellen mit niedrigerer Frequenz weiter aus als Wellen mit höherer Frequenz. Man fragt sich zum Beispiel, warum AM-Funkwellen über Hunderte von Kilometern hinweg zu hören sind, FM-Funkwellen aber nur lokal, und nimmt an, dass AM etwas Charakteristisches an sich hat. Der eigentliche Grund ist jedoch, dass AM in der Vergangenheit niedrigere Frequenzen (im LF*- bis HF*-Frequenzbereich) verwendet hat und dass es bestimmte Ausbreitungsmechanismen gibt (z. B. das Überspringen der Atmosphäre), die es ermöglichen, dass niedrige Frequenzen rund um den Globus übertragen werden können.

Bei höheren Frequenzen wie 2,4 GHz beträgt die Reichweite z. B. nur wenige hundert Meter im Vergleich zu mehreren hundert Metern bei 434 MHz.

* LF: niedrige Frequenz, HF: hohe Frequenz

Positionierung der Antenne

Gebäude und Bäume können das Signal blockieren, daher sollten die Antennen möglichst hoch oben angebracht werden, um sie zu überwinden. Außerdem müssen die Antennen einen Abstand zwischen ihnen (den Hindernissen) einhalten, der als Fresnel-Zone bezeichnet wird (wird später in diesem Artikel beschrieben). Der Fresnel-Abstand wird bei höheren Frequenzen kleiner, so dass die Kommunikation durch die Platzierung der Antennen und nicht unbedingt durch die Höhe optimiert wird.

Rausch- und Störanfälligkeit

In der Umwelt gibt es viele Quellen für elektrisches Rauschen (z.B. Lampen, Zündsysteme, Motoren). AM- und ASK-Signale sind am anfälligsten, da das Rauschen die Amplitudenschwankungen nur verstärkt. Dagegen sind FM- und FSK-Signale unempfindlicher, da das empfangene Signal nur von Frequenzschwankungen abhängt.

In der digitalen Kommunikationen, bei der sich viele Nutzer dasselbe Frequenzband teilen, ermöglichen verschiedene Kodierungsverfahren wie Frequenzsprungverfahren und Direct Sequence Spread Spectrum eine zuverlässige Kommunikation in Bereichen mit starken Störungen.

Hindernisse

Zu den Bereichen mit wenigen oder keinen Hindernissen, in denen eine effektive Kommunikation möglich ist, gehören offene Gewässer, Boden-Flugzeug- und Satellitenkommunikation. Meistens jedoch findet Kommunikation in und um Gebäude, um Bäume und Berge herum statt. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Funkwellen mit Objekten interagieren können, wie hier abgebildet.

Diverse Ausbreitungswege

Absorption und Reflektion

Wenn eine Funkwelle auf eine flache Oberfläche trifft, werden manche Wellen reflektiert, absorbiert oder durch das Material geleitet. Der jeweilige Anteil ist abhängig von der Zusammensetzung des Materials. Ein perfekter Leiter (z.B. Metall, Meerwasser) reflektiert alle Funkwellen.

Einige Materialien sind in der Lage, fast alle Funkwellen zu absorbieren. In Absorberkammern verwendet man beispielsweise HF-absorbierenden Schaumstoff, der mit einem metallischen Material wie Kohlenstoff, Eisen oder Ferrit imprägniert ist.

Funkwellen absorbierendes Material, das an den Wänden und der Decke des Absorberraums verwendet wird

 

Diffraktion

Nach dem Huygenschen Prinzip wirkt jeder Punkt einer Wellenfront als Quelle von Sekundärwellen, die sich zu einer neuen Wellenfront in Ausbreitungsrichtung verbinden. Wenn diese Sekundärwellen in den durch das Hindernis verursachten Schattenbereich eindringen, kommt es zu einer Diffraktion, die es der Funkwelle ermöglicht, sich um das Hindernis zu “winden”. Das Ausmaß des „Herumwindens“ ist abhängig von der Wellenlänge. Niedrigere Frequenzen wie z. B. das AM-Rundfunkband können Berge leicht umgehen (aufgrund der größeren Wellenlängen), so dass sich die Wellen über große Entfernungen über den Boden ausbreiten können (sogenannte Bodenwellen).

Höhere Frequenzen mit ihren kürzeren Wellenlängen werden viel weniger gebeugt und richten sich mehr nach der Sichtverbindung.

Kommunikationsmedium

Im Allgemeinen gilt: Je dichter das Material ist, desto schwieriger ist es für die Funkwellen, sich durch das Material auszubreiten. Sie werden es bemerkt haben, wenn das Radio oder Ihr GPS bei der Einfahrt in einen Tunnel nicht mehr funktioniert. Selbst wenn der umgebende Boden nicht so dicht ist, reicht die große Menge aus, um die Funkwellen zu blockieren. Sehr dichte Materialien wie Blei oder Beton, die zur Abschirmung von Röntgen- und Gammastrahlen verwendet werden, blockieren ebenfalls Funkwellen.

Durch Flüssigkeiten können sich Funkwellen ausbreiten, aber Meerwasser ist ein Problem, da es leitfähig ist. Unter diesen Bedingungen können MHz-Frequenzen nicht verwendet werden. Aus diesem Grund nutzen U-Boote 3-30 kHz (sehr niedrige Frequenz) für die Kommunikation.

Fading

Aufgrund der erwähnten unterschiedlichen Ausbreitungswege sieht der Empfänger Funkwellen, die gegeneinander phasenverschoben sind. Da sich diese Wellen gegenseitig überlagern, trifft der Empfänger sowohl auf Empfangsstellen mit hohem als auch mit niedrigem Pegel. Dies wird als Fading bezeichnet.

Dopplereffekt

Wenn sich im Mobilfunk Sender und Empfänger voneinander entfernen oder aufeinander zubewegen, kommt es zu einer geringen Frequenzabweichung von der Trägerfrequenz. Dies ist vergleichbar mit Schallwellen, bei denen der Ton eines vorbeifahrenden Krankenwagens mit Sirene seine Tonhöhe zu ändern scheint. Das Ausmaß der Frequenzdrift hängt von der Wellenlänge und der relativen Geschwindigkeit zwischen Sender und Empfänger ab. In Alltagssituationen ist die Geschwindigkeit der Funkwellen sehr hoch, und eine Drift wäre nicht wahrnehmbar. Etwaige Schwankungen des Signalpegels würden stattdessen wahrscheinlich
z. B. durch Signalreflexion entstehen.

Ausbreitungsmodelle

Wir haben festgestellt, dass sich Funkwellen auf verschiedenen Wegen ausbreiten können. Um dies mathematisch umzusetzen, gibt es Standardmodelle, die Sie bei der Entwicklung Ihres Funksystems verwenden können:

Freiraum-Modell

Das einfachste Modell ist die Ausbreitung im Freiraum.

 

Der am Empfänger gemessene Pegel nimmt in Abhängigkeit vom Sender-Empfänger-Abstand d (Meter) und der Wellenlänge λ (Meter) ab. Mathematisch lässt er sich wie folgt ausdrücken:

$$ \text{Path Loss(dB)} = 20\log(\frac{4πd}{λ}) $$

Da es sich um eine Potenzfunktion handelt, beträgt die Leistung am Empfänger nur ein Viertel der Leistung am Sender, wenn ich meine Distanz verdopple.

2-Wege-Modell

Wenn eine reflektierende Oberfläche vorhanden ist, folgt die Funkwelle 2 Wegen – einem direkten Weg und einem reflektierten Weg. Die beiden Wege sind unterschiedlich lang, und der Empfänger empfängt eine andere, identische Welle, die jedoch verzögert ist. Dieses verzögerte Signal kann sich je nach Phasenunterschied zum Direktsignal addieren oder von diesem subtrahieren.

 

 

Wenn wir von einer konstanten Frequenz ausgehen, hängt diese Phasendifferenz von der Wegdifferenz ab, die wiederum von der Antennenhöhe und dem Abstand zwischen Sender und Empfänger abhängt. Nehmen wir ein Beispiel, bei dem der Sender eine Basisstation und der Empfänger eine Mobilstation ist: Wenn wir uns weiter von der Basisstation entfernen, können wir erwarten, dass die Interferenz zwischen den beiden Wellen ein größeres oder ein kleineres Signal erzeugt.

Beispiel für ein Tool zur Berechnung der Wellenausbreitung

Circuit Design bietet ein Berechnungstool, um den Unterschied zwischen dem Freiraummodell und dem 2-Wege-Modell zu demonstrieren. In der Kommunikationspraxis gibt es neben den Freiflächenverlusten noch andere Verluste. Wenn Hindernisse nicht zu schwerwiegend sind, kann man normalerweise das 2-Wege-Modell als Annäherung verwenden.

Nehmen wir ein Beispielsignal bei 434 MHz, 10 mW Sendeleistung und mit einer 2,14 dBi Antenne für Sender und Empfänger. Die Antennen sollen 5 m hoch sein und der Abstand dazwischen 200 m betragen. Beim 2-Pfad-Modell ist das Ausbreitungsverhalten unregelmäßig, wobei die Interferenz zwischen den beiden Wellen vor allem im Nahbereich viele Signalausfälle verursacht. Die Anfälligkeit für Signalausfälle ist abhängig von der Wellenlänge, was bedeutet, dass diese bei höheren Frequenzen zunehmen.

Freiflächenmodell (links) und 2-Wege-Modell (rechts)

Fresnelzone

Sichtverbindung bedeutet nicht nur, dass man die Antenne des anderen sehen kann, sondern erfordert auch einen gewissen Abstand zu Objekten. Diese Freiraumzone wird als Fresnel-Zone bezeichnet und muss eingehalten werden, um einen Signalverlust zu vermeiden.

Bei der Abstrahlung von Radiowellen entstehen an jedem Punkt der Welle sekundäre Wellenfronten. Das bedeutet, dass der Empfänger nicht die gesamte Funkwelle sieht, die sich in einer einzigen Ebene ausbreitet, sondern auch etwas darüber und darunter, wobei der direkte Weg die meiste Energie einbringt. Jedes Hindernis, das diese Wellenfronten blockiert, schwächt das Signal ab. Daher ist es wichtig, diesen Bereich von jeglichen Hindernissen freizuhalten.

1. Fresnel-Zone – mit Hindernissen und Beseitigung der Hindernisse durch Anhebung der Antennenhöhe

Tool zur Berechnung der Fresnel-Zone

Circuit Design bietet ein Berechnungstool, mit dem die Mindesthöhe der Antenne über dem Boden berechnet werden kann, damit die Fresnel-Zone nicht blockiert wird. Wenn die Antennen so platziert werden, dass mindestens 60% des Fresnel-Radius frei sind, wird der Signalpegel nicht wesentlich beeinträchtigt.

Beachten Sie, dass die Fresnel-Zone mit höherer Frequenz/kürzerem Abstand zwischen Sender und Empfänger kleiner wird. Wenn es schwierig ist, eine Sichtverbindung herzustellen, müssen die Antennen in der bestmöglichen Position montiert werden. Bei der Montagehöhe der Antenne müssen unter Umständen weitere Faktoren wie das Höhenmuster und die Fresnel-Zone berücksichtigt werden.

Höhenmuster der Antenne

Wenn die Position der Antenne entschieden ist, muss die exakte Höhe der Empfängerantenne angepasst werden, damit die Signale phasengleich an der Antenne ankommen. Dies lässt sich erreichen, indem man die Antenne nach oben oder unten bewegt und gleichzeitig den Empfangssignalpegel überwacht. Zur Unterstützung des Entwicklers bietet Circuit Design ein Berechnungstool, das den Höhenrasterabstand in Metern angibt. Sie sollten die Signalspitze in diesem Bereich finden können.

 

Höhenrasterabstand

Okumura-Hata-Modell

Das Okumura-Hata-Modell ist ein Modell für die Planung ausgereifter zellularer und landgestützter Mobilfunksysteme in verschiedenen Umgebungen, darunter Freiland, Vororte, mittelgroße Städte und Großstädte. Konzipiert für Entfernungen zwischen 1 und 20 km sind die Werte bei Entfernungen unterhalb dieses Bereichs nicht so zuverlässig. Auch die tatsächliche Umgebung kann sich von der für die Messungen verwendeten Umgebung unterscheiden, so dass dieses Tool als allgemeine Prognose für den Empfang verwendet werden sollte.

Frequenz f(MHz):150 MHz bis 1,5 GHz

Übertragungsdistanz d(m): 1 km bis 20 km

Antennenhöhe an der Basisstation hb(m): 30-200 m

Höhe der mobilen Antenne hm(m): 1-10 m

Tool zur Berechnung der Okumura-Hata-Kurve

Wenn Sie das Berechnungstool verwenden möchten, klicken Sie hier, um die entsprechende Seite aufzurufen.

Okumura-Hata-Kurven berechnet auf Basis der eingegebenen Parameter

Geben Sie die Frequenz in MHz ein, die Sendeleistung, die Antennenhöhe, den Gewinn und die Distanz. Die Grafik zeigt dann entweder die elektrische Feldstärke bis zur spezifizierten Frequenz an, oder die entsprechende Ausgangsleistung von der Empfängerantenne.

Fazit

Das Thema Ausbreitung ist sehr umfangreich, und vieles davon würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Dieser Artikel ist als Leitfaden für den Ingenieur bei der Entwicklung eines Funksystems gedacht, ohne zu sehr auf die mathematischen Konzepte einzugehen. Zu Referenzzwecken sind die für die Berechnung verwendeten Formeln jedoch auf den Seiten der Berechnungstools enthalten.